Allgäuer Zeitung
23.07.2004
SANGAMUSICA
Eintauchen in die Seele
Von Ricarda Gschwend
Sonthofen:
Barfuß und ganz in Schwarz gekleidet erscheinen die Musiker auf der in Kerzenlicht getauchten Bühne, setzen sich auf den blanken Boden und beginnen, mit geschlossenen Augen und voll konzentriert,
ihren exotisch anmutenden Instrumenten sphärische Klänge zu entlocken. Es ist wie das Eintauchen in eine andere Welt. Die Sonthofer Kulturwerkstatt verwandelt sich in einen Ort der spirituellen
Erfahrung und meditativen Selbstfindung.
Für Wolfgang von Boyen, dem Kopf von „Sangamusica“, ist die Musik der Weg zur Entdeckung der Seele. So spielt der Topos der Wahrheitsfindung und Selbsterkenntnis auch eine große Rolle in seinen
Kompositionen: „Erkenne die Welt, erkenne dich“ heißt es in einem Lied. Die musikalischen Wurzeln des Komponisten und Vollblutmusikers liegen in Indien, wohin er nach seinem Musikstudium eine
Entdeckungsreise machte und wo er nach eigenen Angaben Dinge gelernt habe, die ihm in Europa verschlossen geblieben waren. Indische Musik, so von Boyen, spiegle die „Echtheit der Seele“ und könne
somit die Menschen am ehesten erreichen. So verwundert es auch nicht, dass „Sangamusica“ fast ausschließlich indische Instrumente verwenden: Neben der Gitarre, einer Abwandlung der Sitar, die
traditionell von Zigeunern gespielt wird, kommen ein Monochord und eine so genannte Tabla zum Einsatz. Das Besondere am Monochord ist, dass es lauter gleich gestimmte Saiten hat, die aber einen
ganzen musikalischen Kosmos erzeugen, weil durch das Nacheinander-Anschlagen der Saiten unterschiedliche Obertöne entstehen.
„Urklang“ im Menschen
Wie von Boyen dem gespannten Publikum erklärte, entspreche dieser Klangkosmos dem „Urklang“, der jedem Menschen innewohne. Die Tabla ist ein nordindisches Perkussionsinstrument, das aus zwei Paaren
von Trommeln besteht und von Jörg Holic meisterhaft beherrscht wird, auch wenn dieser sich selbst bescheiden als Schüler bezeichnete.
Mit diesen Klangkörpern und meditativem, archaischem Gesang ließen „Sangamusica“ die konzentrierten Zuhörer in eine fremde Welt und tranceartige Zustände eintauchen und stießen dabei auf große
Begeisterung. Für die Musiker war es besonders erfreulich, mit ihrer ungewöhnlichen Musik, die so gar nicht in unsere schnelllebige, hektische Zeit passt, auf so große Resonanz zu stoßen.